Hauptbeschäftigung und Mini-Job bei gleichem Arbeitgeber?
Mit dieser Frage hat sich das FG Brandenburg befasst und folgendes Urteil gefällt:
Es ist nicht möglich, bei demselben Arbeitgeber neben einer nicht geringfügigen versicherungspflichtigen Beschäftigung auch eine versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung zu verrichten. Es muss eine Zusammenrechnung der Lohnzahlungen vorgenommen werden, wenn diese von demselben Arbeitgeber stammen, selbst wenn die Arbeitsverhältnisse unterschiedlich ausgestaltet sind. Das Finanzgericht geht dabei von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis aus (FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 28.12.2022, 6 K 6129/20).
Folgende Überlegungen waren entscheidend:
Die Voraussetzungen für die Annahme einer geringfügigen Beschäftigung beurteilen sich ausschließlich nach sozialversicherungsrechtlichen Maßstäben, vorliegend nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV.
Eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450 EUR (aktuell: 520 EUR) nicht übersteigt. Grundsätzlich kann zwar eine geringfügige Beschäftigung neben einer Hauptbeschäftigung bei verschiedenen Arbeitgebern ausgeübt werden (begrenzte Ausnahme von der gebotenen Zusammenrechnung).
Übt ein Arbeitnehmer, allerdings wie im Urteilsfall bei demselben Arbeitgeber gleichzeitig mehrere Beschäftigungen aus, so ist ohne Rücksicht auf die arbeitsvertragliche Gestaltung oder objektive Kriterien der Unterscheidbarkeit in Art, Ort und Zeit der Tätigkeit sozialversicherungsrechtlich von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, d.h. sie werden sozialversicherungsrechtlich einheitlich beurteilt. Es ist deswegen nicht möglich, bei demselben Arbeitgeber neben einer nicht geringfügigen versicherungspflichtigen Beschäftigung eine (mangels Zusammenrechnung) versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung zu verrichten.
· Beispiel 1 |
Ein selbstständiger Zahnarzt beschäftigt eine Arbeitnehmerin mit Hilfsarbeiten in seinen Praxisräumen und mit Reinigungsarbeiten in seiner Wohnung.
Es ist von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen (Arbeitgeberidentität). Der Zahnarzt als Arbeitgeber ist eine natürliche Person, die für den Arbeitsbereich in der Praxis und im Haushalt nicht getrennt betrachtet werden kann. Unbedeutend ist, dass sich die einzelnen Beschäftigungen abgrenzen lassen. |
· Beispiel 2 |
A ist Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter bei der GmbH X und der GmbH Y. Arbeitnehmer Z wird bei der GmbH X im Rahmen einer mehr als geringfügigen (Haupt-)Beschäftigung eingesetzt und bei der GmbH Y im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung. Die Tätigkeiten sind ‒ vom Umfang abgesehen ‒ identisch.
A übt das Direktionsrecht über beide Beschäftigungen aus. Da es sich um mehrere Beschäftigungen bei rechtlich verschiedenen Arbeitgebern handelt, ist eine getrennte versicherungsrechtliche Beurteilung vorzunehmen. |
Dennoch hat das FG die Revision zugelassen, da die Rechtsfrage, ob und unter Heranziehung welcher Abgrenzungskriterien ein Arbeitnehmer in einem 2. Betrieb seines Arbeitgebers gleichzeitig und mit der Folge der Pauschalierungsmöglichkeit nach § 40a Abs. 2 EStG geringfügig beschäftigt sein kann, grundsätzliche Bedeutung hat.